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März 2006

 

BGH-Entscheidung zur Bewertung von Kaufverträgen mit den Wert des Kaufvertrages übersteigenden Löschungszustimmungen des Verkäufers

- §§ ohne weitere Angabe = §§ der Kostenordnung -

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Liebe Leser,

auf der Internetseite des Bundesgerichtshofs (www.bundesgerichtshof.de) ist seit kurzem eine Entscheidung vom 9.2.2006 zu finden, V ZB 172/05, die für die Notarkosten-Praxis große Bedeutung hat. Sie können die Entscheidung durch Eingabe des Suchwortes Notarkosten unter Entscheidungen als letzte Entscheidung vom 9.2.2006 leicht finden, herunterladen und ausdrucken.

Der BGH hat eine schwierige und  für die Notarkostenpraxis angesichts in den letzten Jahren gesunkener Grundstückswerte auch von der Praxis häufig zu lösende Frage entschieden: Wie wirkt sich ein gegenüber dem Kaufpreis bzw. sonstigen Wert des Kaufvertrages (§ 20 Abs. 1) höherer Wert von im Kaufvertrag durch den Verkäufer zur Löschung beantragten Belastungen aus? Die Antwort des BGH lautet im Ergebnis: Gar nicht; es bleibt auch für die Löschungserklärungen bei dem Wert des Kaufvertrages, und der für eine  solche  Löschungszustimmung isoliert betrachtet höhere Nennwert nach § 23 Abs. 2 wird beim Zusammentreffen mit den - unstreitig - gegenstandsgleichen (§ 44 Abs. 1) Erklärungen des Kaufvertrages auf dessen Wert als “Hauptgeschäft” begrenzt. Der Wert des Rechtsverhältnisses, auf das sich die miteinander gegenstandsgleichen Erklärungen (hier Kaufvertrag und Löschungszustimmung) gemeinsam beziehen (hier der Kaufvertrag) sei dann allein maßgeblich (s. BGH a.a.O. Rn. 16 u. 19).

Die Anwendung des schwierigen § 44 - die Abgrenzung zwischen gegenstandsgleichen Erklärungen nach § 44 Abs. 1 und gegenstandsverschiedenen Erklärungen i.S. von § 44 Abs. 2 und weitere Fragen beim Zusammentreffen mehrerer Erklärungen in einer Urkunde füllen in den gängigen Kommentaren  so viele Seiten wie zu kaum einer anderen Vorschrift - wird damit noch komplizierter. Nach der BGH-Entscheidung muss der Abs. 1 des § 44 künftig so gelesen werden:

Gesetzestext in § 44 Abs. 1:
(1) Werden in einer Verhandlung mehrere Erklärungen beurkundet, die denselben Gegenstand haben (z. B. der Kauf und die Auflassung, die Schulderklärung und die zur Hypothekenbestellung erforderlichen Erklärungen), so wird die Gebühr nur einmal von dem Wert dieses Gegenstandes nach dem höchsten in Betracht kommenden Gebührensatz berechet.

(2) Dies gilt auch dann, wenn von mehreren Erklärungen die einen den ganzen Gegenstand, die anderen nur einen Teil davon betreffen (z. B. das Schuldversprechen und die Bürgschaft für einen Teil der Schuld); unterliegen in diesem Fall die Erklärungen verschiedenen Gebührensätzen, so werden die Gebühren gesondert berechnet, wenn dies für den Kostenschuldner günstiger ist.

Unterstellt man ungeachtet der nachfolgend dargelegten Zweifel an der Richtigkeit der BGH-Entscheidung deren Autorität für die Kostenpraxis - eine gleiche Frage wird in absehbarer Zeit evtl. auch von keinem OLG so bald anders beurteilt bzw. aufgrund der soeben ergangenen Entscheidung jedenfalls nicht dem BGH vorgelegt werden -, könnte klarstellend dem in der Praxis verwandten Gesetzestext in § 44 Abs. 1 hinzugefügt werden (= Vorschlag des Autors zur handschriftlichen Ergänzung des Gesetzestextes in § 44 Abs. 1):

Sind mehrere Erklärungen  als Haupt- und Durchführungsgeschäft zu sehen, so ist der Geschäftswert der Durchführungserklärung auf den Wert der Haupterklärung begrenzt (BGH-Entscheidung vom 9.2.2006).

Der BGH ist damit der insbesondere von Waldner, JurBüro 2003, 37 f. und entspr. Entscheidungen des OLG Celle, DNotZ 1964, 571, und KG Berlin DNotZ 1988, 454 nachgebildeten Regel gefolgt: “Der höhere Wert eines von zwei zusammen beurkundeten gegenstandsgleichen Geschäften kann sich dann nicht auswirken, wenn das Geschäft mit dem nach der KostO höheren Wert lediglich der Erfüllung derjenigen  Verpflichtungen dient, die durch das andere Geschäft begründet worden sind.”

II. Kritik

Die Praxis hat sich eine Vereinheitlichung der regionalen Kostenrechtsprechung durch BGH-Entscheidungen gewünscht und die Einführung der Divergenzvorlage durch Art. 33 Nr. 3 des ZPO-Reformgesetzes vom 27.7.2001, BGBl I. S. 1887 begrüßt (s. statt vieler H. Schmidt, JurBüro 2005, 116). Der BGH hat diese Erwartungen durch zahlreiche (aber bisher nur einen Teil der Streitfragen abdeckende) Entscheidungen auch schon erfüllt (siehe die Entscheidungen mit dem Suchwort “Notarkosten”  unter “Entscheidungen” bei www.bundesgerichtshof.de, wo die Entscheidungen komfortabel herunter geladen und - seit einiger Zeit sogar mit den nachfolgend zitierten Randnummern versehen - ausgedruckt werden können).

Abgesehen von der Autorität des BGH und der grundsätzlich  erwünschten Klärung streitiger Fragen zur Vermeidung von verschiedenen Kostenberechnungen bei verschiedenen Notaren und in verschiedenen OLG-Bezirken kann die letzte Entscheidung des BGH jedoch nicht überzeugen..

Die von Waldner, JurBüro 2003, 37 f. aufgestellte These (s. oben letzter Abs. vor II), welcher der BGH gefolgt ist, findet in § 44 selbst keine Stütze und übersieht, dass der Begriff des Erfüllungs- und Sicherungsgeschäfts nur ein von der Auslegung und Rechtsprechung entwickelter Begriff ist zur Frage, was gegenstandsgleich i. S. von  44 Abs. 1 bzw. gegenstandsverschieden i.S.v. § 44 Abs. 2 ist. Eine Begrenzung des Wertes des Erfüllungsgeschäfts auf den Wert des Hauptgeschäfts ist der gesetzlichen Regelung für mehrere Erklärungen in einer Urkunde durch § 44 nicht zu entnehmen. Im Gegenteil ist die Regelung in § 44 Abs. 1 S. 2 gerade im Hinblick auf Fälle von Wertunterschieden und unterschiedlichen Gebührensätze für mehrere teilweise gegenstandsgleiche Erklärungen in einer Urkunde eine angemessene Regelung, indem sie für Fälle, bei denen die vom Gebührensatz kleinere Gebühr aus einem hohen Wert neben der vom Gebührensatz höheren Gebühr aus einem kleineren Wert kostengünstiger ausfällt als die höhere Gebühr aus dem höchsten Wert, wie allgemein für gegenstandsgleiche Erklärungen nach § 44 Abs. 1 S. 1 zu berechnen, die bei Einzelberechnung aus den jeweiligen Werten geringeren Gebühren vorsieht.

Entgegen der Auffassung des BGH kann § 44 Abs. 1 S. 2 nicht entnommen werden, dass bei mehreren Erklärungen, die als verschieden wichtig und in ein Verhältnis von Haupt- und Durchführungserklärung eingeordnet werden können, sich der Wert für die minder wichtige bzw. Durchführungserklärung auch dann, wenn nach den Vorschriften der KostO für die Durchführungserklärung für sich allein betrachtet ein höherer Wert in Frage käme (wie hier der Nennbetrag zur Löschung bewilligter Grundschulden nach § 23 Abs. 2) auf den Wert der Haupterklärung begrenzt und die Worte “dieses Gegenstandes” in Satz 1 nach der Entscheidung des BGH a.a.O. Rn. 16 dann das Hauptgeschäft meinen sollen. Die Anordnung in § 44 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 über die getrennte Berechnung von Gebühren aus einzelnen Werten ist nach Auffassung des BGH (a.a.O. Rn. 19) nur dann anzuwenden, wenn für die den ganzen Gegenstand betreffende Erklärung ein niedrigerer Gebührensatz gilt als für die Erklärung, die sich nur auf einen Teil des Gegenstands bezieht. Es sind für eine solche teleologische Reduktion keine Gründe ersichtlich und die Argumentation mit Haupt- und Nebengeschäften vermischt unzulässig die bei § 35 für die Definition gebührenfreier Nebengeschäfte vorzunehmende Einteilung in kostenpflichtige Haupt- und gebührenfreie Nebengeschäfte mit der spezielleren Regelung des § 44 für mehrere Erklärungen in einer Urkunde, wo eine entspr. gesetzliche Wertung nicht erfolgt ist.

Auch sind die vom BGH a.a.O. Rn. 20 angestellten Überlegungen zur Billigkeit  für den entschiedenen Fall von den Wert des Kaufvertrages übersteigenden Nennbeträgen der Löschungszustimmungen für Grundpfandrechte nicht zutreffend. Nach der gesetzlichen Regelung in §§ 433 Abs. 1 S. 2, 448 Abs. 1 BGB (mit arg. contr. aus § 448 Abs. 2 BGB, wonach der Käufer nur die Kosten der Beurkundng des Kaufvertrages und der Auflassung sowie Grundbucheintragung trägt, während die Kosten der Lastenfreimachung als Kosten der vom Verkäufer geschuldeten lastenfreien Übergabe den Verkäufer treffen), ist es für den Käufer eines Grundstücks unerheblich, ob für die Löschung Mehrkosten (die dann den Verkäufer treffen) entstehen, denn für ihn bleibt es bei der 20/10-Gebühr § 36 Abs. 2 aus dem Wert des Kaufvertrages (§ 20 Abs. 1). Die gesetzliche Regelung ist zwar dispositiv, wird aber, da sie den Vorstellungen der Beteiligten über die Kosten der lastenfreien Übergabe in der Regel entspricht, so gut wie immer auch in den Kostenregelungen der Kaufverträge übernommen und vorsorglich wiederholt. Soweit der Verkäufer wie in der Regel allein die Löschungszustimmung erklärt, trifft auch ihn allein die Haftung für die entspr. Mehrkosten (s. § 5 Abs. 1 S. 2). Es ist auch leicht möglich, diese Beurkundungs-Mehrkosten durch einfaches Subtrahieren einer 20/10-Gebühr aus dem Wert des Kaufvertrages von der nach § 44 Abs. 1 S. 1 nach der vom BGH abgelehnten Auffassung (s. BGH a.a.O. Rn. 14 m.w.N., z. B. OLG Rostock JurBüro 2003, 36 mit abl. Anm. von Waldner; Bengel/Tiedtke in Korintenberg, KostO, 16. Aufl. 2005, § 44 Rn. 89; Lappe NotBZ 2003, 161) zu berechnenden 20/10-Gebühr aus dem höheren Wert der zur Löschung zu bringenden Rechte abzuziehen und diese Differenz dann dem Verkäufer als Mehrkosten für die Löschung gesondert zu berechnen. Noch einfacher ist es, wenn nach § 44 Abs. 1 S. 2 eine gesonderte 5/10-Gebühr § 38 Abs. 2 Nr. 5 b aus dem höheren Betrag der von der Löschungszustimmung betroffenen Rechte und eine 20/10-Gebühr § 36 Abs. 2 aus dem Wert des Kaufvertrages in ihrer Summe geringer sind als die 20/10 aus dem höheren Wert, denn dann kann die ganze 5/10-Gebühr § 38 Abs. 2 Nr. 5 b aus ihrem Wert (meist Nennbetrag § 23 Abs. 2, wenn Grundpfandrechte) dem  Verkäufer und die 20/10-Gebühr § 36 Abs. 2 aus dem Wert des Kaufvertrages (§ 20 Abs. 1) dem Käufer berechnet werden (vgl. Filzek JurBüro 2003, 234, 235 f.). Die Gefahr einer Unbilligkeit für die Beurkundungsbeteiligten, wie vom BGH in Rn. 20 der Entscheidung erwogen, besteht somit nicht. Nicht eingegangen ist der BGH auch auf die von Lappe in Kostenrechtsprechung § 44 Nr. 81 und NotBZ 2003, 161 aufgeworfene Frage, wie die Reduzierung des Geschäftswertes auf den Wert der Haupterklärung des Kaufvertrages sich mit der nach dem u. U. wesentlich höheren Betrag der Haftung des Notars für die Löschungserklärungen verträgt. Hier - und nicht in dem Entstehen von Gebühren aus ihrem nach der KostO maßgeblichen Wert ohne Begrenzung auf eine vermeintliche Haupterklärung - kann wegen des Zusammenhangs von Wertgebühr und Haftung des Notars eine Unbilligkeit liegen. Schließlich sind bei den vom Verkäufer zu tragenden Löschungskosten auch gesonderte Gerichtskosten der Löschung zu tragen (s. § 68 KostO), für die der allgemeine Wert nach § 23 Abs. 2 maßgeblich ist, und davon unabhängig entsteht eine separate - in der Regel vom Käufer zu tragende - Gebühr für die Eigentumsumschreibung (§ 60 Abs. 1 KostO) nach dem Wert des Grundstücks bzw. Kaufpreises (§§ 19, 20 Abs. 1). Auch von daher ist die künstliche Kürzung des Wertes der Löschungserklärungen auf den Wert des Kaufvertrages, in dem die entsprechende Löschungszustimmung mit beurkundet ist, nicht überzeugend.

Richtig wäre  die Entscheidung des BGH im Ergebnis dann, wenn wie bei Pfandfreigaben und Nachverpfändungen der Wert von Grundpfandrechten nach § 23 Abs. 2 Hs. 2 auch allgemein auf den Wert des Pfandobjekts beschränkt wäre. Dies ist für nicht zur Gesamthaft eingetragene Grundpfandrechte aber gerade nicht der Fall und die Eintragungs- und Löschungsanträge haben unabhängig vom Wert des Pfandobjekts den Nennbetrag als Geschäftswert. Verständlich wird diese Regelung zur Vereinfachung  vor dem Hintergrund von Grundschuldbelastungen für unbebaute Grundstücke zum Zweck der Baufinanzierung, bei welcher der Wert des Pfandobjekts durch die Bebauung in den Wert der bei der Bestellung höheren Grundschuld “hineinwächst”. Es wäre in diesem und ähnlichen Fällen umständlich zu ermitteln, wie hoch der konkrete Grundstückswert im Zeitpunkt der Bestellung bzw. Eintragung der Grundschuld ist, wenn hier der Grundstückswert begrenzend ausgestaltet wäre.

Eines der Argumente des BGH und früherer Entscheidungen ist, der Nennwert der Grundpfandrechte nach § 23 Abs. 2 sei in diesen Fällen deshalb nicht der Geschäftswert, sondern allein der Kaufpreis nach § 20 Abs. 1, weil die weg zu fertigenden Grundpfandrechte in der Kaufpreisbildung berücksichtigt würden (BGH a.a.O. Rn. 20 mit Hinweis auf KG DNotZ 1992, 117, 119). Bedauerlicherweise ist der BGH auf die einleuchtenden Hinweise von Lappe in seiner Anm. zum Beschluss des KG in Kostenrechtsprechung § 44 Nr. 93 gegen diese Sichtweise nicht eingegangen. Lappe hat a.a.O. zutreffend darauf hingewiesen, dass dies eine “abenteuerliche” Überlegung ist, die mit der wirtschaftlichen Realität nichts zu tun hat, und der Wert eines Kaufvertrages  und die Kaufpreisbildung nichts mit der Höhe der eingetragenen Belastungen zu tun hat. Warum sollte es bei der im Regelfall vorgesehenen Kaufvertragsgestaltung den Erwerber interessieren, wie hoch die vom Verkäufer zu löschenden Grundpfandrechte sind, und dies bei höheren Werten (erhöhenden?) Einfluss auf einen Kaufpreis haben? 

Weiterhin ist die Darstellung des BGH zum Meinungsstand in der entschiedenen Frage, bei der er die den Wert der Löschungsanträge auf den Wert der Haupterklärung Kaufvertrag reduzierenden Auffassung als die “überwiegende” bezeichnet fragwürdig. Dieser Aspekt sollte  für die Entscheidungsfindung zwar keine Rolle spielen, denn wie viele Gerichte und Literaturstimmen eine Meinung und wie viele eine Gegenansicht vertreten kann dahinstehen, wenn die besseren Argumente für die Auffassung der Minderheit sprechen. Gerade weil sich in den letzten Jahren aber eine starke Verschiebung des Meinungsstandes zugunsten der den Mehrwert von solchen Löschungsanträgen (sowie bei dem ähnlichen Fall mit den Kaufvertragswert übersteigenden Belastungsvollmachten) berücksichtigenden Auffassung ergeben hat (s. etwa Kersten in Zimmer/Kersten/Krause, Handbuch für Notarfachangestellte, 3. Aufl. 2005, Rn. 459; beispielhaft kann auch die Meinungsänderung des KG mit Vorlagebeschluss vom 30.9.2005, Az. 9 W 71/05 - zu finden bei www.notarkammer-berlin.de unter Aktuelles - sowie der Vorlagebeschluss des OLG Hamm MittBayNot 2006, 75 genannt werden), ist den Hinweisen des BGH auf die in dieser Frage vermeintlich überwiegende Auffassung zu widersprechen.

Die in Rn. 13 der BGH-Entscheidung genannten Vertreter der Auffassung, der sich der BGH angeschlossen hat, sind mit 8 Fundstellen nicht mehr als die in Rn. 14 genannten 8 Fundstellen für die Gegenansicht. Zählt man die mit mehreren Zitaten genannten Autoren bzw. Entscheidungen jeweils nur einfach, ergibt sich ein Meinungsstand von 7 zu 5 für die Auffassung, welcher der BGH gefolgt ist. Bezieht man jedoch die der entschiedenen Frage gleich gelagerten Fälle von Finanzierungsvollmachten mit den Wert des Kaufvertrages übersteigenden Werten in die Betrachtung des Meinungsstandes ein, ergibt sich ein Übergewicht mit zahlreichen OLG-Entscheidungen und Literaturstimmen für die Auffassung, die eine am Wortsinn des § 44 Abs. 1 S. 1 und 2 orientierte Anwendung mit Berücksichtigung der höheren Werte für die 5/10-Gebühr nach § 38 Abs. 2 für die Finanzierungsvollmacht neben der 20/10-Gebühr aus dem Kaufvertragswert (sofern nicht 20/10 aus dem höheren Vollmachtswert günstiger sind, § 44 Abs. 1 S. 1 und 2) befürwortet: s. Korintenberg § 44 Rn. 79, BayObLG DNotZ 1982, 765 f.; Klein RNotZ 2002, 499; Lappe KostRsp. § 44 Nr. 98; Lappe / von König NJW 1997, 1540; Grauel in Faßbender, Notariatskunde, 15. Aufl. 2004, Rn. 1444; Mümmler JurBüro 1993, 711; OLG Köln MIttRhNotK 1996, 103 = KostRsp. § 44 Nr. 98 mit Anm. Lappe; OLG Jena, Beschl. vom 4.7.1996, Not W 592/95 (1) sowie OLG Naumburg ZNotP 1998, 208 mit zust. Anm. von Tiedtke; Filzek in RA-MICRO-Online-Kommentar zur KostO § 44 Anm. 19 - 21. Von den Oberlandesgerichten vertreten in dieser Frage nur das  OLG Celle, JurBüro 1997, 156, und  - früher - das KG DNotZ 1992, 117 mit Anm. Hansens = JurBüro 1991, 1361 zu dieser Frage  den gegenteiligen Standpunkt. Das KG hat in einem Beschluss vom 30.9.2005, Az. 9 W 71/05 (zu finden bei www.notarkammer-berlin.de unter Aktuelles) diese Meinung aufgegeben und will der (tatsächlich) überwiegenden Meinung folgen.

Aufgrund der entgegenstehenden anderen Ansicht des OLG Celle JurBüro 1997, 156 sah sich das KG an einer eigenen Entscheidung gehindert und legte die weitere Beschwerde gem. § 156 Abs. 4 S. 4 i.V.m. § 28 Abs. 2 FGG dem BGH vor, dessen Entscheidung nunmehr erwartet werden kann. Es ist eine spannende Frage, ob die nur geringfügig andere Lage bei den Kaufvertragswert übersteigenden Finanzierungsvollmachten hier zu einer anderen Beurteilung als im jetzt entschiedenen Fall mit den Löschungszustimmungen führen wird.

Neben dem KG hat inzwischen auch das OLG Hamm die Frage der Bewertung von den Wert des Kaufvertrages übersteigenden Belastungsvollmachten dem BGH vorgelegt und vertritt wie jetzt das KG auch die Auffassung, nach der keine Wertbegrenzung auf den Wert des Kaufvertrages als Haupterklärung erfolgt (Beschluss vom 19.9.2005, MittBayNot 2006, 75).
 
Früher wurden derartige Konstellationen zum Teil so gesehen, dass für den Teil von Finanzierungsvollmacht oder Löschungsanträgen, die den Kaufpreis übersteigen, ein verschiedener Gegenstand iSv § 44 Abs. 2 angenommen wird und eine separate 5/10-Gebühr nicht, wie es der Gesetzestext in Abs. 1 vorsieht, aus dem vollen Wert von Vollmacht bzw. Löschungsanträgen berechnet wird, sondern nur aus der Differenz (vgl. Goost MittRhNotK 1968, 456; Mümmler JurBüro 1985, 196, und in einem ähnlichen Fall - eine im Kaufvertrag abgetretene Eigentümergrundschuld übersteigt den Kaufpreis - auch OLG Düsseldorf, DNotZ 1985, 106; LG Mönchengladbach MittRhNotK 1984, 154 mit Anm. von H. Schmidt; heute noch differenzierend nach Investitionen auf dem Kaufobjekt und für andere Zwecke Assenmacher/Mathias, Belastungsvollmacht). Da es in Abs. 2 aber keine "teilweise gegenstandsverschiedenen" Erklärungen gibt, und vielmehr teilweise gegenstandsgleiche Erklärungen in Abs. 1 geregelt sind, ist man von dieser Auffassung abgerückt, sie wird heute nur vereinzelt noch in der Lit. vertreten.

Erwogen wird jedoch als Versuch einer gerechteren Lösung derartiger Fälle eine analoge Anwendung von § 46 Abs. 2, wonach für den Widerruf von Verfügungen von Todes wegen die geringere 5/10-Gebühr neben einer teilweisen Neuverfügung in derselben Urkunde (10- oder 20/10-Gebühr) nur in Höhe der Differenz des Wertunterschiedes zwischen Widerruf und Neuverfügung berechnet wird.

Überzeugender wäre jedoch die Anwendung der zutreffenden gesetzlichen Regelung des § 44 Abs. 1 ohne künstliche Kappung des Wertes einzelner Erklärungen auf den Wert der wichtigeren von mehreren Erklärungen (vgl. Korintenberg § 44 Rn. 79; BayObLG DNotZ 1982, 765 f.; Klein RNotZ 2002, 499; Lappe in seinen o. a. Anm. und Lappe / Baronin von König, NJW 1997, 1540; Mümmler JurBüro 1993, 711, sowie OLG Köln MittRhNotK 1996, 103 = KostRsp. § 44 Nr. 98 mit Anm. Lappe, und OLG Jena, Beschluss vom 24.7.1996, Not W 592/95 (1) sowie OLG Naumburg  ZNotP 1998, 208 mit zust. Anm. Tiedtke; Filzek in RA-MICRO-Online-Kommentar zur KostO § 44 Anm. 19 - 21).

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